Mittwoch, 26. Dezember 2012

Zwei junge Soldaten erleben Geschichte




Wenn man diese Bilder betrachtet vermittelt sich der Eindruck, dass es sich bei den beiden jungen Soldaten, mit ihren gerade einmal 20 Lebensjahren, um Freunde handelt.
Sie sind für den Wehrdienst gemustert worden.
Eigentlich hatten sie gar keine Lust für den Soldatenjob. Doch danach fragte keiner. 
Seit Jahrhunderten hatten die deutschen Landesherren großen Bedarf an Kriegsknechten um ihre eigenen Interessen durchzusetzen.
Die oben abgebildeten jungen Burschen wurden als geignetes Material eingestuft und eingezogen.  Zufällig kamen sie in dasselbe Ausbildungsregiment, dieselbe Kompanie, denselben Zug und dieselbe Gruppe.
Der gleiche Spieß und die gleichen Unteroffiziere machten den beiden bei der Ausbildung das Leben schwer. 
Natürlich war diese Zeit meist sehr hart, und diverse Probleme, die zusätzlich zu bewältigen waren, hatte das Militär schon immer zu bieten. 
Bei jeder Familienzusammenkunft wurden solche historischen Tatsachen allen deutschen Buben von klein an von ihren Vätern und Großvätern  erzählt, denen es in ihrer eigenen Jugend genauso erging.
Schnell erkannten die Jungs dass es leichter war, wenn man in diesen gemeinsamen Lebenssituationen fest beieinander stand.
Man konnte sich gegenseitig helfen und voneinander lernen, wenn mein zusammen durch den Kasernenhofdreck und die Pfützen robben musste.
Das Bier, welches man am Abend zusammen im Ausgang  trank, schmeckte dann doppelt so gut.
So entstanden zu allen Zeiten Soldatenkameradschaften.
Das geschah millionenfach unter Häuptlingen, Fürsten, Königen Kaisern und Führern.
Es spielte auch keine Rolle, welche Gesellschaftsordnung gerade für gut befunden wurde.
Soldaten wurden immer gebraucht, egal ob in der Urgemeinschaft, im Feudalismus, im Kapitalismus oder im Sozialismus.
  
Doch diese Geschichte der beiden oben vorgestellten Soldaten stimmt überhaupt nicht.
Die beiden Männer auf den Bildern waren gar keine Kameraden.
Sie kannten sich damals noch nicht einmal.
Noch schlimmer - man versuchte ihnen einzureden, dass sie Feinde wären und im so genannten „Ernstfall“ aufeinander schießen sollten. Der Eine diente in der Bundeswehr, der Andere leistete seinen Wehrdienst in der Nationalen Volksarmee.
Paradoxerweise waren  sie gewissermaßen Nachbarn, und sie sprachen beide deutsch Einer war in Bayern und der Andere in Thüringen geboren.
Diese beiden deutschen Länder wurden im April 1945 von den Amerikanern eingenommen und besetzt.
Der junge Soldat auf dem rechten Bild hatte Glück. In Bayern blieben die Amerikaner als Besatzungsmacht. Den jungen Soldaten auf dem linken Bild kann man eher als Pechvogel bezeichnen, denn schon nach zwei Monaten, Anfang Juli 1945, verließen die amerikanischen Soldaten eilig über Nacht das Land Thüringen.
Schon am nächsten Tag rückten die russischen Divisionen ein und Thüringen wurde zur sowjetischen Besatzungszone.
Schlagartig änderten sich alle Lebensbedingungen im Thüringer Land.
Man kann sagen dass hierdurch die ostdeutsche Bevölkerung den Krieg zweimal verloren hat.
Für die beiden jungen Männer ergaben sich völlig verschiedene Lebensperspektiven.
Der Eine musste "Wessi", der Andere "Ossi" erlernen. Das war auch nicht immer einfach!
 
Doch diese kurze Story hat ein Happyend.
Heute sind die beiden Kameraden, ja man kann sagen Freunde geworden. Sie bemühen sich gemeinsam das Schicksal der Männer vom Panzerregiment 35 aufzuarbeiten und in Ehren zu halten.

Es darf keine Menschen mehr geben, die versuchen Deutsche zu manipulieren aufeinander zu schießen.

Donnerstag, 4. Oktober 2012

Учетное Дело! – Ganz geheim!



Nach langer Zeit halte ich endlich die Kriegsgefangenenakte meines Vaters aus den Moskauer Archiven in meinen Händen.


Diese zu bekommen war ein schwieriges Unterfangen mit vielen Hindernissen.
Anfangs störte mich, dass man erst nach einer Zahlung von 30 € bereit war in den Computer zu schauen ob eine Akte von meinem Vater vorhanden ist.
Sie wurde gefunden.

Man schrieb mir: „Wenn ich nun weitere 300 € überweise, dann sei man bereit mir die Kopien einer 12 Seiten langen Akte mit den Daten meines Vaters in russischer Sprache zu senden.“
(Inzwischen hat wohl der Markt den Preis gedrückt. Ich las, dass heute nur noch 200 € verlangt werden.)
Mir war klar, dass in der Akte mindestens 80% mir bekannte Daten standen.

Und richtig neben den Personalien von Vater, Mutter, Großeltern, Onkel und Tanten bekam ich sogar meine eigenen persönlichen Daten zu lesen.
Ich war damals noch nicht mal ein Jahr alt.
Sollte ich diese Informationen, welche sowieso unser persönliches Eigentum waren, nun noch einmal für 330 € kaufen?
Ich kann es einfach nicht leiden abgezockt zu werden.
Doch versteht mich nicht falsch.
Ich mag die Russen, vor allem auch die russische Seele.
Ich habe viele kennen gelernt. Russen und Seelen!
In jedem Land gibt es solche und andere Menschen. Die Russen muss man einfach mögen wenn man gesehen hat wie Sie das Leben bewältigen. Sie kennen das Schwere seit langer Zeit und versuchen es leicht zu nehmen.
Um es kurz zu machen.
Ich habe die Kriegsgefangenenakte meines Vaters bekommen und nichts dafür bezahlt.
Beim ersten Blick auf das Deckblatt kam mir gleich eine neue Befindlichkeit in den Sinn.
Mein Vater marschierte zusammen mit den anderen restlichen Kameraden der vierten Panzerdivision am 9.5.1945 von der Halbinsel Hela bei Danzig direkt 250 Kilometer weit in die russische Kriegsgefangenschaft.
Am 8. Mai war der Krieg zu Ende. Die vierte Panzerdivision, das Panzerregiment 35 und die anderen Resttruppenteile unter General Dietrich von Saucken waren also eine im Kampf unbesiegte Armee.
Ist es denn richtig nach dem Krieg noch Kriegsgefangene zu machen?
Was sagt denn das Völkerrecht hierzu?
Im Krieg ist das gefangen nehmen des Feindes legitim, aber danach?
In einigen Fällen bestätigten die russischen Sieger den deutschen Gefangenen sogar durch einen Vermerk in ihren Wehrpässen, dass sie erst nach der deutschen Kapitulation gefangen genommen wurden. Sie dachten sich etwas dabei und die Deutschen erhofften sich Vorteile, beziehungsweise eine frühere Entlassung. Schon kurze Zeit später war diese ritterliche Geste der russischen Seite vergessen.
Sollen sich die Rechtsgelehrten darüber streiten.

Für meinen Vater ging nach den Krieg der Krieg weiter!
Und seine Gefangenschaft dauerte länger als der Krieg selbst. Die letzten Gefangenen wurden erst nach Adenauers Konvention im Jahre 1956 in die Heimat entlassen.

Für uns, die wir uns der geschichtlichen Aufarbeitung erklärt haben, ist es interessant zu erfahren mit welcher buchhalterischen Akribie die persönlichen Daten der Gefangenen aufgeklärt und festgehalten wurden.
Was für die Offiziere mit den blauen Schirmmützen vom Geheimdienst zu wissen wichtig war, habe ich nachstehend ein Beispiel des Fragebogens – der „опросные лист“ eingefügt. (unter Weglassung der persönlichen Antworten)
So kann sich jeder seine eigenen Gedanken hierzu machen.
 Möglichst viel über jeden Gefangenen zu wissen war bekanntermaßen eine gute Grundlage für den KGB aus einem Kriegsgefangenen einen Strafgefangenen zu machen. Das ging recht fix, und dann galten andere Regeln.
Dass die Verhöre für die Gefangenen sehr aufregend waren hat mein Vater oft erzählt 
Den Beweis sehe ich nun an der Tatsache, wie zitterig seine eigene Unterschrift auf dem Verhörbogen ist. Er vergaß sogar die Pünktchen über dem U seines Vornamens

Deckblatt:
Ganz geheim!
MWD – Ministerium des Innern der UdSSR
Hauptverwaltung für Kriegsgefangene und Internierte
Akte für den Kriegsgefangenen Schröder, Günter- Paul
2. Seite oben:
Akte Nr. 7182        Lager Nr. 7296    Im Lager angekommen am 1.8.1945
Fragebogen

1. Name: Schröder
2. Vorname: Günter
3. Vatersname: Paul
4. Geburtsjahr: 1921
5. Geburtsort: Senzig Kreis Teltow Chausseestraße 64
6. Adresse vor der Einberufung: Senzig Kreis Teltow Chausseestraße 64
7. Nationalität: Deutscher
8. Muttersprache: Deutsch
9. Fremdsprachen: keine
10. Mitglied einer Partei: kein Mitglied
11. Staatsangehörigkeit: Deutscher
12. Religion: Evangelisch
13. Bildung: a) allgemeine b) Fachausbildung c) Militärausbildung: a) 8 Klassen Volksschule b) keine c) keine
14. Beruf vor dem Militärdienst:
15. Dauer der Berufsausübung: 3 Jahre
16. In welcher Armee des Gegners war er: in der deutschen
17. Wurde in die Armee mobilisiert oder ging als Freiwilliger: wurde mobilisiert
18. Wann wurde er mobilisiert: 6. Februar 1941
19. Art des Heeres: Panzer
20. In welcher militärischen Einheit diente er? 4. Panzerdivision - 35. Panzerregiment 
21. Matrikel-Nr.: 66.21 (keine Ahnung, was es bedeutet)
22. Rang in der Armee: Obergefreiter
23. Welche Tätigkeit wurde ausgeübt?  Gehilfe des Waffenmeisters
Seite 3:
24. Auszeichnungen: keine (angegeben aber einige erhalten)
25. Kam in die Gefangenschaft oder hat sich freiwillig ergeben? Geriet in die Gefangenschaft nach Kriegsende.
26. Wann kam er in die Gefangenschaft? Am 9. Mai 1945
27. Wo? Stadt: Danzig
28. Familienstand: verheiratet
29. Angaben über die Ehefrau:
30. Angaben über den Vater und die Mutter: Vater: Mutter:
31. Angaben über die Brüder und Schwestern:
32. Gesellschaftliche Stellung des Vaters:
33. Soziale Stellung des Vaters:
34. Eigentum des Vaters:.
35. Sozialer Stand des Gefangenen und sein Eigentum: Arbeiter kein Eigentum
36. Lebte in der UdSSR? Lebte nicht.
37. Wer von den Verwandten und Bekannten lebt in der UdSSR? Keiner
38. Wurde gegen ihn ermittelt, stand er vor Gericht? Nein.
39. War er in anderen Ländern, wann und warum?
40. Arbeitstätigkeit vor der Einberufung: Von 1927 – 1935  8 Klassen Volksschule;
von 1935 – 1941 arbeitete als Werkzeugmacher, 1941 wurde einberufen.

Seite 4:
1. Unterschrift des Kriegsgefangenen und Datum des Fragebogens:
Mündliche Beschreibung einer Person:
Körpergröße – 1,75 cm; Körperbau – normaler Körperbau; Haarfarbe – dunkel; Farbe der Augen: blau; Nase – gerade; Gesicht – oval.
Auffälligkeiten: -
Vermerke:
 
Unterschrift


Das waren die 40 Fragen der Gefangenenakten.
Ich selbst war schon ein wenig enttäuscht. 
Hatte ich doch von größeren Verschwörungen, Aufständen und sonstigen spannenden Begebenheiten der Gefangenen zu lesen gehofft.

Im Alter von 19 Jahren wurde mein Vater im Februar 1941 zur Wehrmacht eingezogen. Vier Jahre und zwei Monate war er Soldat. 
Mit 23 Jahren kam er in die russische Gefangenschaft. 
Nach vier Jahren und vier Monaten wurde er im Alter von 29 Jahren entlassen. 
Also arbeitete er zwei Monate länger für die Sowjetunion als er gegen sie kämpfte.

In jedem Fall verbrachte er dort die beste Zeit seines Lebens – seine Jugend.
Viele seiner Kameraden sind daran zerbrochen.

Donnerstag, 10. Mai 2012

Das letzte Kameradschaftstreffen des Panzerregimentes ist nun auch schon Geschichte.


 Die Zeit rennt an uns vorbei.
1-2-3- im Sauseschritt;
es eilt die Zeit –
wir eilen mit!
 So hat mein Freund, der Willy Busch, einst treffend formuliert.
Diese Weisheit schmeckt mir immer ein wenig bitter.
Eine besondere Etappe des Regimentes geht zu Ende, weil es kaum noch aktive Kameraden gibt.
Wir Nachfolgenden müssen umdenken und überlegen wie wir unsere Arbeit neu definieren können.
Das letzte Kameradschaftstreffen, welches für mich gleichzeitig das Erste war welches ich, in Vertretung meines Vaters besuchte, ist ein Ende und gleichzeitig ein Neubeginn.
Einigen Anderen wird es vielleicht ähnlich ergangen sein wie mir.
Schon im Vorfeld und auf der Anreise musste ich immer an meinen Vater denken, der sich oft mit Wehmut wünschte einmal wieder mit seinen Regimentskameraden zusammen zu treffen, oder wenigstens das Regimentsbuch einmal lesen zu dürfen. (Er wusste nicht, dass es mehrere Bücher gab.)
Beide Wünsche waren für ihn als ehemaliger DDR – Bürger nicht erfüllbar.
Sie zeigten aber die Verbundenheit und zwingende Kameradschaft, die damals während des Krieges im Panzerregiment 35 bestand und auch unbedingt notwendig war.
 Gerade in den letzten Kriegsmonaten, als alles durcheinander ging vergrößerte sich die Angst durch die Feldgendarmerie, die ständig auf „Heldenklau“ war, aufgegriffen und in eine neue unbekannte Einheit gesteckt zu werden.
Auf die alten Kameraden war Verlass. Die begaben sich wie selbstverständlich in Lebensgefahr um einen bedrängten Kameraden aus der Schusslinie zu bergen.
Die neuen unbekannten Soldaten einer anderen Einheit, die man nicht kannte waren verständlicherweise nicht so schnell bereit ihr Leben für einen Unbekannten  in Gefahr zu bringen.
Mit diesem Wissen kann man sich gut in die damalige Situation versetzen.
(Aber auch über die heutige Zeit nachdenken!)

Man bekommt Verständnis und Achtung vor den Leistungen unserer Väter und allen anderen Soldaten auf beiden Seiten der Front.

Bedauerlich ist für mich, dass ich beim Treffen so wenig Zeit hatte alle besser kennen zu lernen und ausgiebig ihre Motive zu erfahren, ihre Geschichten zu hören.
Ein Gewinn aber war es die beiden Aktiven Fritz Schneider und Otto Eidloth zu sehen und zu sprechen.
Besonders beeindruckt hat mich Fritz Schneider. Er ist ja ein besserer Entertainer als Thomas Gottschalk, wie die Kostprobe seiner Ausführungen bewies.
Ich kann mir jetzt vorstellen, dass er seine 8. Kompanie mit Intelligenz, aber wohl auch mit Verständnis und Humor geführt hat.
Ich habe Achtung vor diesem Mann.
Erwähnen möchte ich noch, dass ich beim Besuch der Frau des Kommandeurs der 1. Abteilung Pzrgt.35 Hauptmann Schulz, beim Blättern durch dessen Fotoalbum erneut ein Bild meines Vaters gefunden habe. 


                           Obergefreiter Günter Schröder in der Mitte - wie immer mit seiner Gitarre


Wenn es dem Hauptmann Schultz wichtig war dieses Foto neben die Bilder seiner Offiziere zu kleben, so spricht das für sich.
Mein Vater, wäre darauf stolz gewesen, und jetzt freue ich mich darüber.
Durch den Besuch unseres Treffens verstehe ich nun auch die vielen Erzählungen meines Vaters besser und sehe sie in einem anderen Licht.
Trotz der Kürze der Zeit war unser Treffen ein Gewinn.
Wenn sogar unsere Mitglieder aus Amerika anreisen, dann spricht das besonders deutlich für die Wichtigkeit dieser Aktion.
Bleibt mir allen Organisatoren und Beteiligten ein herzliches Dankeschön zu sagen.

Das waren ein paar ungeordnete Gedankensplitter.
Und nun schauen wir wieder nach vorn.
Oder um es mit der Devise der ersten Abteilung des Panzerregiment 35 zu sagen:

„Nicht wanken, nicht schwanken!
Nur einen Gedanken:
„Vorwärts und durch!“

Montag, 9. April 2012

Herzliche Ostergrüße den alten Kameraden des Panzerregimentes 35 und deren Nachfolgern und Freunden.


Erfreut Euch an einem friedlichen schönen Osterfest!
Das war unseren Regimentskameraden damals nicht möglich!

Mein Vater Günter Schröder berichtet von Ostern 1943 in der ehemaligen Sowjetunion:

Vor 68 Jahren um Ostern befand sich das Regiment, während der Frühjahrsschlammperiode, seit Anfang April in den Räumen Nowgorod Sewerskij, Seredina Buda und Schostka.
Dieses Gebiet war dem Regiment noch vom Vormarsch 1941 bekannt. 
Wegen des tiefen Schlammes kamen unsere Fahrzeuge kaum voran. Die Einheiten hatten sich deshalb Pferde als Transportmittel besorgt und genutzt.
Hier findet jetzt die Aktion „Lenz“ statt. 
Waffen und Ausrüstungen, Fahrzeuge und Pferde, Bekleidung und vor allem auch die Männer brauchen dringen die längst notwendig gewordene Pflege. Außerdem wird das Regiment aufgefrischt und ergänzt. 
Es beginnt die erste Ruhezeit seit Beginn des Feldzuges nach knapp zwei Jahren Kriegseinsatz für die Kampfstaffeln.
Im Gegenzug wird die Arbeitszeit der Werkstätten auf 80 Stunden in der Woche erhöht. Die Schlosser, Monteure, Kraftfahrer und Mechaniker sind fast rund um die Uhr im Einsatz.
Vor allem die Waffen sind durch starke Schussbelastung sehr verschlissen. 
Sie müssen erneuert, eingeschossen und justiert werden.




Ein Panzer wird gewartet und
aufgefrischt. 
Ich schaue aus der Luke.












 Andere Kameraden fahren nach Aufhebung der Urlaubssperre in ihren Jahresurlaub nach Hause. Einmal pro Jahr bekommt jeder 20 Urlaubstage plus 4 Reisetage.

Am Ostersonntag beginnt die 4. Panzerdivision den Sicherungsabschnitt zu verlassen und marschiert zur geplanten Operation „Zitadelle“, dem Kampf gegen die in Untergrund agierenden Partisanen, auf.
(Wie bereits unten beschrieben.)
Heute habe ich meinen Osterbrief nach Hause geschrieben.
Auch ein Osterpaket habe ich nach Deutschland geschickt.
Meine Eva machte sich Sorgen, dass ich wieder die Panzerangriffe mitfahren muss.
Ich schrieb ihr, dass ich jetzt eine andere Beschäftigung habe. Ich fahre den Panzern hinterher und repariere alle Waffen die kaputtgegangen sind. Ich arbeitete also in meinem Beruf als Werkzeugmacher in der Waffen-Instandsetzungsstaffel.

Ich glaube, hier in Russland geht meine Musikkarriere voran. 
Nachdem ich bei vielen Offizieren meiner Abteilung gespielt hatte, wurde ich zu unserem Regimentskommandeur geladen und machte dort Musik. Zwei Tage später hat mich die Division geholt. Eine Abteilung hatte dort eine Frontbühne aufgebaut.
Heute Morgen habe ich im Theater in der Stadt meine Probe abgegeben. Natürlich 100% Sieg. Ich hatte großen Erfolg. Ich bin also jetzt bei der Division, und ich singe in unserem Tanz-Orchester als Refrainsänger. Natürlich singe ich auch meine Lieder als Solist.
Fünfzehn Musiker dirigiere ich. Morgen steigt eine Bühnenschau. Die Kapelle singt und spielt „Hofkonzert im Hinterhaus". Ich singe dabei die Zwischenverse mit Mimik.
Das ist doch viel besser, als sich vorn an der Front totschießen zu lassen. Ich denke, dass mir meine Musik schon jetzt ein paar Mal das Leben gerettet hat.
Und ich freue mich über diese schöne Nebenbeschäftigung.
Am 21. April 1943, dem Geburtstag des Führers, stieg unsere vierte Vorstellung der Frontbühne im Theater der Stadt Nowgorod Sewerskij.
Danach gibt es eine Sondervorstellung, mit Parade und Vorbeimarsch für einen Obergefreiten, der ein Ritterkreuz bekommen wird. Außerdem ist geplant, dass wir mit fünf Soldaten und fünfzehn Ukrainern auf Tournee gehen und für die einzelnen Einheiten Oster-Konzerte spielen.

In diesem Jahr fällt Ostern am 25. April sehr spät. Das Wetter ist schön, es ist warm und sonnig, so dass man schon mit freiem Oberkörper arbeiten kann.

Die Frühjahrschlammperiode neigt sich ihrem Ende zu. 
Am Ostermorgen habe ich ein sehr schönes Pferd geritten. Ich konnte sogar den Leutnant, der mit geritten war, einige Male abhängen. Nun tut mir dafür mein Hintern weh.
Danach gab es einen schmackhaften Osterschmaus, den wir in unserer Staffel selbst organisiert und gekocht hatten.
Es ging mir, wie man sieht, recht gut, so mitten im Krieg. Allerdings wusste man nie, wie es weitergeht.
Überraschungen waren immer garantiert!
Man war nie sicher.

Dienstag, 6. März 2012

Zum Treffen der Kameradschaft am 4.5.2012




Gerade habe ich mit Robert Wern telefoniert.
Ich hatte mich bereit erklärt ihn zum Treffen nach Bamberg zu bringen, ihn dort zu betreuen und anschließend wieder nach Nürnberg zu fahren.
Er bedankte sich sehr und war hocherfreut:
 „Da bekomme ich endlich mal etwas Abwechslung und sehe meine Kameraden wieder!“
Er lässt Euch alle herzlich grüßen.
Es war zu klären, was ich zu beachten habe. Transportfähigkeit, eventueller Medikamentenbedarf usw.
Hierzu erwarte ich noch eine Nachricht vom Chef des Seniorendomizils „Haus Maximilian“ aus Fürth.
Die Pfleger wollen mich auch noch diesbezüglich anrufen, versprach Frau Modzschiedler.

Ich gehe aber davon aus, dass es klappen wird. 
Es ist unsere vornehmste Aufgabe, die wenigen verbliebenen Akteure des Panzerregimentes 35 zu ehren und zu betreuen.
Das hat für mich Vorrang.
Mit den technischen Details der Durchschlagskraft einer Panzerkanone musste sich mein Vater bei seiner Arbeit in der Waffen Instandsetzungs- Staffel der Werkstattkompanie herumschlagen.
Mich interessieren die Erlebnisse der Soldaten und die daraus resultierenden Ängste, Sorgen und Freuden.
Jahrzehnte lang hat dies das Leben unserer Väter und damit unserer Familien, also sogar uns selbst beeinflusst.
Viele konnten ihre Erlebnisse nie vergessen und verarbeiten.
Das habe ich bei meinem Vater erlebt,
das hört man auch deutlich, wenn Robert Wern erzählt.
Der Versuch sich Erlebtes von der Seele zu reden hört nicht auf!
Hören wir genau zu!
Auch zwischen den Worten!
Ich stelle mich gerne dieser Herausforderung und erzähle es meinen Kindern und Enkeln weiter.
Sie sollen wissen, was ihre Ahnen gelitten und geleistet haben.
Den einfachen Soldaten von der anderen Seite, der auch eine Mutter hat, vergesse ich dabei nicht.
 


Gebt Robert Wern am 4. Mai einen herzlichen Empfang.




Ich freue mich über Eure Unterstützung!

Samstag, 11. Februar 2012

Der Sturm auf Moskau ab Oktober 1941

Der Krieg ging weiter.
Die Wolga bei Stariza zu überschreiten misslang zunächst. Zwei Panzer, die zuerst den Fluss durchfuhren, blieben am anderen Ufer im Wasser hängen. Gut für mich, dass daraufhin der Versuch zu furten abgebrochen wurde, sonst hätte ich mir auch kalte und nasse Füße geholt. Ich fuhr nämlich den dritten Panzer.
 In schneller Fahrt bewegten wir uns zum befohlenen Tagesziel Kalinin nordwestlich von Moskau. Die Stellungen am Weg wurden kämpfend niedergewalzt. Manche wurden völlig ignoriert. Es war ein geordnetes Chaos, welches aber unsere damalige Siegesgewissheit weiter stärkte.
Sogar russische Lkw Kolonnen haben wir schnell überholt. Die feindlichen Flak-, Pak- und Artillerie Einheiten, die meistens flüchteten, ließen wir einfach links liegen.
Die Russen konnten sich nicht erklären was hier geschah, manchmal vergaßen sie vor Staunen das Schießen.
Frech winkten einige Landser den Kollegen in den braunen Uniformen im Vorbeifahren freundlich zu.
„See You later – Towarisch!!! “
Fast unglaublich, aber es war so.
Auch solche, an sich undenkbare Geschehnisse, gebar dieser Krieg.

Wir hatten den Befehl schnellstens die Stadt Kalinin zu erreichen und zu nehmen.
Die Russen hatten den Befehl schnellstens Kalinin zu erreichen, um es gegen uns zu verteidigen. Wir behinderten gegenseitig unseren Anmarsch, weil wir das gleiche Ziel hatten.
Daran hatten die Erbauer dieser Straßen nicht gedacht!
So eine Situation wurde nie geplant!
Wir hätten unseren Streit ja gleich hier austragen können. Wo wir uns doch schon zufällig getroffen hatten.
Der Stadt Kalinin und der dortigen Bevölkerung wäre viel erspart geblieben.
Aber Befehl war nun einmal Befehl. Das galt für die braun gekleideten wie für die grau gekleideten Soldaten gleichermaßen.
Major Lenk meldete per Funk an das vorgesetzte Panzer Korps: Die Division befindet sich im zügigen Vorgehen auf Kalinin. Der Russe fädelt sich laufend in unsere Marschkolonne ein. Er behauptet, das Vorfahrtsrecht zu haben. Wir bitten um Ihre Entscheidung.
Das Oberkommando des Heeres (OKH) schaltete sich mit Humor in diesen Funkverkehr ein. Es funkte zurück: „Vorfahrt hat immer die erste Panzerdivision. Ende - OKH.“

Zu dieser Zeit ging es allgemein noch optimistisch und humorvoll zu.
So hatten sich die Funker zum Beispiel angewöhnt ihre Meldungen in Schüttelreimen zu verfassen. Bekannt geblieben ist der Funkspruch:
„Hurra, hurra, hurra –
endlich sind die Flieger da!
Leider keine Nazi Flieger.
Alles Kommunistenkrieger!“

Das sei hier nur mal  eingefügt, um die anfänglich noch euphorische Stimmung in der Wehrmacht darzustellen.
Wir hatten durch obigen Funkspruch nun von allerhöchster Stelle, dem Oberkommando des Heeres (OKH), die Erlaubnis uns die Vorfahrt zu erzwingen.
Als es schon dunkel war fädelten wir uns wieder in den laufenden Verkehr auf der Rollbahn ein und setzten unseren Marsch fort. Etwas später stellten wir erstaunt fest, dass unsere Einheit mitten in einer starken russischen Kolonne fuhr.
Unverzeihlich, dass wir das nicht früher gemerkt haben. Uns wurde sehr bedenklich, als wir diese peinliche Situation erfassten.
Doch was soll es.
Jetzt müssen wir durch.
 „Vorwärts und durch!“, hätten wir später beim Panzerregiment 35 gesagt.
Wir fuhren nur mit Notlicht und hüteten uns in irgendeiner Form aufzufallen. Die Anderen waren in der Überzahl. Ja, wir hörten sogar auf miteinander zu reden, was die Brisanz der Situation wohl am besten beschreibt. So passierten wir in dieser Nacht Borkowa und Spaskoje, bis wir in der Ferne am Himmel die Lichter von Kalinin sahen.
Um 23:00 Uhr erreichten wir das letzte Dorf Danilowskoje vor Kalinin. Hier befahl unser Befehlshaber Dr. Eckinger über Funk: „Links in das Dorf ausscheren!“ Das gelang. Es folgte uns kein russisches Fahrzeug.
Dr. Eckinger ist leider eine Woche später gefallen. Er starb durch den Volltreffer einer Panzergranate.
Am nächsten Tag, es war der 13.10.1941, lautete der Befehl:" Die Stadt Kalinin (heute Twer) und die beiden Brücken über die Wolga sind beim ersten Büchsenlicht einzunehmen!"
Unserer Freizeit war damals knapp, denn die Kämpfe um Kalinin dauerten einen Monat lang bis zum 13. November.
Unser Weg führte dann von Kalinin in Richtung Wolga. Von dort wurde in den Raum Klin zur 3. Panzerarmee unter Generaloberst Reinhardt  verlegt.
Im Angriff ging es über Federowka und Nikolskoje.
Ende November stand die Division im eingenommenen Raum Klin nordwestlich vor Moskau. Danach stießen wir weiter vor. Am 5. Dezember 1941 erreichten wir die Kanalübergänge bei Kusjaevo. Krasnaja  Poljana war der weiteste Punkt unseres Vormarsches.
Von hier waren es noch etwa 25 Km bis zum Moskauer Roten Platz, dem Sitz der sowjetischen Regierung.
Bei klarem Wetter hätte man die Türme des Kremls sehen können.
Wir konnten Moskau aber nicht erreichen, weil der russische Widerstand zu stark wurde.
General Reinhard  musste wegen der starken Feindkräfte den Angriff der Panzergruppe 3 auf Moskau abbrechen.
Wir kämpften uns nach Klin zurück und hielten bis zum 14.12. die einzige Rückzugsstraße vom Feind frei.
Unseren Kameraden, vor allem auch die der 4.Panzerdivision mit dem Panzerregiment 35, welche unter Generaloberst Heinz Guderian vom Süden her, über Tula und Kaschira auf Moskau vor rückten, ging es nicht anders. Auch ihr Angriff blieb stecken.
Ich erinnere mich, das auf deren Fahrzeuge mit weißer Farbe ein „G“ gemalt war, welches bei uns, wie auch bei den russischen Soldaten, als respektvolles Symbol galt. Guderian selbst wurde von uns Landsern mit Achtung „der schnelle Heinz“ genannt, weil er immer allen anderen Einheiten voraus, mit seinen Panzern so eilig vorstieß, dass der Tross, mit der gesamten Versorgung meist nicht hinterher kam.
Auch seine Truppen mussten sich meterweise durch den tiefen Schlamm vorarbeiten. 
Der nördlichste Punkt, den Guderian am 24. November 1941 erreichte lag drei Kilometer vor der Stadt Kaschira. Hier war auch für ihn und seine Truppen Schluss. Von Kaschira bis nach Moskau wären es nur noch 80 Kilometer gewesen.
 Von nun an ging’s bergab…

Donnerstag, 2. Februar 2012

Begrüßung in Russland


Gerade noch im schönen Brandenburger Heimatland, befand ich mich Mitte September 1941 unversehens 1600 km entfernt im unbekannten Russland auf der Fahrt zum Standort meines 1. Panzerregimentes. Wir hatten den Bestimmungsbahnhof erreicht.
Mal schauen, ob hier ein ausgebildeter Panzerfahrer gebraucht wird!
Das Regiment hatte LKWs zum Bahnhof geschickt.                                                             
Wir verluden unser  Marschgepäck und fuhren auf der Rollbahn zu unserer Einheit.                        
Unter Rollbahn ist eine breite Straße zu verstehen worauf der gesamte militärische Transport von Mannschaften und Material bewegt wird. Diese Fahrt erschien uns Frischlingen endlos. Wir versuchten auf den harten Sitzbänken, die auf die LKW-Pritschen angeschraubt waren, zu schlafen.
Plötzlich krachte es fürchterlich.
Nicht weit von uns detonierten Artilleriegranaten. Sofort zogen wir jungen Soldaten unsere Köpfe ein. Ohne Befehl durften wir nicht vom LKW springen und uns einen Graben oder ein Loch zur Deckung suchen. So hatten wir es bei der Ausbildung gelernt. Der Befehl kam nicht. Der Fahrer fuhr ruhig weiter. Der alte Feldwebel, der unseren Transport begleitete, gähnte und drehte sich auf die andere Seite der Sitzbank.
„Das hat nichts zu bedeuten, Jungs! Der Iwan freut sich, dass ihr kommt und will euch nur freundlich begrüßen.", murmelte er und war schon wieder eingeschlafen.
„Der hat Nerven!“, dachten wir und mussten das Geschehen erst verdauen. Eine halbe Stunde später schnellte der Feldwebel von Sitz hoch und lauschte.
„Hört ihr denn nichts?“
„Nee, was denn? "
„Russische Ratas, die kleinen hölzernen Flugzeuge, greifen uns gleich an!"
„Was?"
Auch der Fahrer hatte sie bemerkt und hielt an.
„Alles raus und im Wald in volle Deckung gehen!“, brüllte er und sprang voran.
Jetzt hörte man die typisch tackenden Geräusche dieser russischen Nähmaschinen, wie sie von den Landsern genannt wurrden. 
Schon knallte es aus den Bordmaschinengewehren.
Sie schossen auf uns. 
Sie wollten uns auch treffen und töten.
Was für eine gemeine Begrüßung.
So schnell waren wir bei keiner Übung in Neuruppin im Wald hinter den dicksten Stämmen.
Hier ging es um unser Leben. Doch zum Glück hatte es keinen erwischt. Recht blass waren wir alle um die Nase nach diesem Erlebnis.
Das war unsere Feuertaufe.
„Nun kann es nur noch schlimmer werden.", behauptete der alte Feldwebel charmant.
Dann sagte er noch: 
„Jungs, sich fürchten vorm Tode hat gar keinen Zweck! Ihr merkt ihn ja nicht. Wenn er kommt, seid ihr weg!“

Der kann einen ja aufbauen.
„Strasstvuitje rossija!“ - Guten Tag, Russland!

Foto vom November 1941 6.Kp. Panzerregiment 1 nah vor Moskau
Mit diesem Panzer III bin ich einige Einsätze beim Kampf um Moskau gefahren. Vor dem Wagen sind meine Panzerkameraden. Ich kam zum Foto leider zu spät.
Man sieht deutlich unsere dünnen Wintermäntel, die für den russischen Winter überhaupt nicht geeignet waren.
Dieses Foto hatte ich damals vor Weihnachten 1941 – noch stolz – meinen Eltern und meiner Freundin Wally nach Hause geschickt.
Die Stimmung war zu dieser Zeit noch sehr gut. Keiner zweifelte an unserem schnellen Sieg. 
Es sollte ganz anders kommen.

Mittwoch, 25. Januar 2012

Mein letzter Beitrag muss noch konkretisiert werden

Das gefundene Bild aufgenommen am 16.Mai 1943
Die Ukulele hängt an der Gitarre
Luftfeldpostbrief von Feldpostnummer 30518
Originalbrief geschrieben von Günter Schröder am 16.5.1943
Günter Schröder dirigiert sein Ensemble 1951 vor dem Brandenburger Tor in Berlin
Der spektakuläre Fund des unten beschriebenen Fotos hat inzwischen in meiner Familie entsprechende Freude ausgelöst.
Deshalb habe ich in meinem persönlichen Archiv des Panterregimentes 35 noch einmal etwas tiefer gegraben.
Anlass hierfür war mir, dass mich mein Bruder heute über das Bild fragte: „Was hängt denn da noch an Vatis Gitarre? Ist das eine Geige oder eine Mandoline?“
Es ist eine kleine Gitarre, welche unter dem Namen Ukulele bekannt ist. Diese hört man zurzeit im von dem Japaner Israel Kamakawiwo'ole neu bearbeitetem bekannten Lied - Somewhere over the Rainbow.

Mein Vater schrieb am 16.Mai 1943 in einem Luftfeldpostbrief an meine Mutter: „Meine Gitarre hat ein Baby bekommen. Ich habe jetzt eine ganz kleine Gitarre, gerade einmal so groß, wie der Hals einer Normalen.
Die spiele ich als Balalaika. Das Ding klingt nicht schlecht.“

Dieser Brief bestätigt, was ich unten schrieb. Er erzählt uns auch noch mehr von den Geschehnissen im Regiment.
Damals im Mai 1943 in den russischen Wäldern, beim „Unternehmen Zigeunerbaron“, dem Kampf gegen die Partisanen.
Sogar der Bildtitel: „Im Wald bei den Mücken!“, den Hans – Jürgen vergeben hat, wird bestätigt.
Ich schreibe den Brief ab und stelle ihn hier zur Verfügung. Er gibt in verschiedenen Dingen Aufschluss über die damalige Situation.

Wäre es nicht schön, wenn wir zu jedem Bild die entsprechende Geschichte wüssten?“

Abschrift des Luftfeldpost – Briefes.
Absender ist die Feldpostnummer: 30518
(Stabskompanie?)

Meine kleine liebe Braut!    16.5.1943

Sonntag ist ein Tag wie jeder andere, bloß glaube ich, dass heute die Sonne viel stärker scheint als sonst. Es ist eine Bullen – Hitze. Eben bin ich aus dem Panzer gekrochen, denn der Schaden war nach kurzem suchen gefunden und behoben. (Vater arbeitete in der Waffeninstandsetzungsstaffel des Werkstattzuges.)
Wir sind hier mitten im Wald. Weit und breit ist kein Dorf zu sehen. Darum ist das Wasser sehr knapp.
Unsere kleine Kampfgruppe braucht viel Wasser, denn alle wollen sich waschen, und trinken will auch jeder.
So wird also Waschen hier sehr groß geschrieben und auch gesprochen.
Trotzdem ist es mir gelungen mich einigermaßen sauber zu kriegen. Nach fünf Minuten Panzerfahrt sind wir durch den Staub nicht wieder zu erkennen.
Trotzdem herrscht bei uns eine gute Stimmung.
Wie immer gelingt es mir diese in jeder Lage hoch zu halten. Na ja, Du kennst mich ja, nicht wahr kleine Evelie.
Ich bekomme in dieser Zeit keine Post, und es wird sich wieder allerhand aufstapeln.
Doch ich werde sie schon bewältigen, denn ich freue mich schon sehr darauf.
Evelie, vielleicht gelingt es Dir etwas Fettcreme auftreiben, denn die kann ich hier sehr gut gebrauchen.
Meine Gitarre hat ein Baby bekommen. Ich habe jetzt eine ganz kleine Gitarre, gerade einmal so groß, wie der Hals einer Normalen.
Die spiele ich als Balalaika. Das Ding klingt nicht schlecht.
Ich habe den Mückenschleier über dem Kopf, denn so was von Mücken wie hier habe ich noch nicht erlebt.
Eben kommt der Marschbefehl und ich muss packen.
Also meine kleine Braut, ich denke an Dich. Bleibe immer gesund.

Tausend liebe Grüße und Küsse
Dein Günter

Auch für die Muttel viele Grüße. Heute ist ja Muttertag.

Das war der Originalbrief.

Durch diesen Brief hat mein lieber Vater nun persönlich zu „seinem Regiment“ gesprochen.
In seinen späteren Jahren hat er sich das so oft gewünscht.
Besonders betonte er immer den festen Zusammenhalt und die beispielhafte Kameradschaft, die im Pzrgt. 35 herrschte.
Die 35 er waren eine verschworene Gemeinschaft!

Und wir haben heute noch einen Einblick, wie es damals „im Wald bei den Mücken“ zuging.

Nachzutragen wäre, dass mein Vater, der im Regiment „der Musiker“ genannt wurde, noch knapp zwei Jahre im Krieg Gitarre gespielt hat, bis seine Instrumente am 30.März 1945 befehlsgemäß, zusammen mit seinem Werkstattwagen, im Wald bei Danzig – Heubude in die Luft gesprengt wurden.
Danach folgten vier ½ Jahre Musik in der russischen Kriegsgefangenschaft, bis er dann 1951 endlich wieder professionell sein Orchester und den Chor des „Thomas Münzer Ensembles Erfurt“ vor dem Brandenburger Tor in Berlin dirigieren konnte.

Freitag, 20. Januar 2012

Es geschehen noch Zeichen und Wunder!


Diese Redewendung drückt bekanntlich aus, dass etwas geschehen ist, mit dem man nicht gerechnet hat. Etwas, das kaum zu glauben ist.

Hans – Jürgen, unser gefühlter amtierender „gewissermaßen Regimentskommandeur“, hatte es mir schon prophezeit:
„Irgendwann wird Dir Dein Vater noch einmal von einem unserer Bilder zulächeln!“

Natürlich habe ich mir das immer gewünscht, doch glauben konnte ich es kaum.
Heute bekam ich nun eine Mail von HJ.
Er schrieb mir:
„Hallo Großer,
haste das Bild gesehen?
Der Soldat hat auch eine Gitarre...
Übereinstimmung?
Dann wäre die Jahreszahl falsch, denke ich...“

Danke lieber Hans – Jürgen!
Deine Voraussage hat sich bewahrheitet.
Ich freue mich sehr über das Bild. Genau so habe ich meinen Vater in Erinnerung. Zumal er wirklich lächelt!
Es handelt sich um meinen Vater. Ein Irrtum ist völlig ausgeschlossen.

Dieses Bild wurde in der Zeit zwischen dem 9.Mai und dem 8. Juni 1943 aufgenommen.
(Das Originalbild befindet sich im großen Blog unter dem Titel: Im Wald bei den Mücken.)

Anfang April lag die 4.Panzerdivision in Nowgorod Sewerski, in Seredina Buda und Schostka.
Durch die Rasputniza, die Schlammperiode im Frühjahr, waren keine Kampfhandlungen möglich. So konnte man im Rahmen der Aktion „Lenz“ die erste Ruhezeit seit 21 Monaten Krieg für eine allgemeine Auffrischung, für Reparaturen und Ausbildung, allerdings ohne Neuzuführung von Menschen und Material, nutzen.
Damit wurde die große Schlacht um die Begradigung des russischen Frontbogens um Kursk vorbereitet.
Interessant ist, dass von diesem „Angriffsunternehmen Zitadelle“ nur engere obere Kreise mündlich unterrichtet worden waren. Fast gleichzeitig war es schon ein allgemeines Gesprächsthema in den Urlauberzügen.
Der schließlich erfolgte Befehl: „Strengste Geheimhaltung! Anmarsch nur im Dunklen! Umbenennung aller Stäbe und Truppenteile! Bis zum Beginn Funkstille!“, machte keinen Sinn. Die Russen waren durch Verrat lange vorher informiert.
Unternehmen Zitadelle wurde aus anderen Gründen verschoben.
So konnte das auch wichtige „Unternehmen Zigeunerbaron“ durchgeführt werden.
Die russischen Partisanen wurden von den deutschen Soldaten als Banden bezeichnet, weil sie hinter dem Rücken der Deutschen Wehrmacht agierten. Das war zwar nicht ritterlich, aber effektiv für die russische Seite.
Die Partisanenüberfälle und die damit entstandenen Schäden und Verluste mehrten sich. Die Durchführung des Unternehmens „Zigeunerbaron“, welches die Aufgabe hatte die 6000 vermuteten Partisanen in den riesigen Wäldern südlich von Briansk  zu vernichten, war zwingend erforderlich.
Es war erkennbar, dass diese den offiziellen Auftrag hatten die deutsche Offensive von hinten her massiv zu stören.
Während der Aktion „Zigeunerbaron“ wurde das oben beschriebene Bild mit meinem Vater aufgenommen. Er war im Regiment allgemein als „der Musiker“ bekannt, was ich inzwischen von Fritz Schneider vermittelt von Hans - Jürgen weiß.
Es ist auf dem Bild deutlich erkennbar, dass die allgemeine Stimmung im Panzerregiment 35 zu dieser Zeit noch sehr gut war.
Mit Sicherheit hat mein Vati dazu seinen Beitrag geleistet.
Darauf darf auch ich ein bisschen stolz sein.

Mittwoch, 11. Januar 2012

So ging es weiter


 Wir hatten über die Ausbildung beim Barras gesprochen.

Nachdem man mit uns das gesamte Potpourri der Ausbildungsgemeinheiten durchgespielt hatte veränderten sich genau eine Woche nach meinem 20.Geburtstag alle bisher geführten Diskussionen.
Am 22.Juni 1941 begann der Krieg gegen die Sowjetunion.
Diesen Krieg wollten die Nazis, genau wie die vorherigen Kriege auch, mal eben so blitzkriegsmäßig gewinnen.
Hat sich denn keiner die Landkarte angesehen und die riesengroße Sowjetunion mit dem kleinen Deutschland verglichen?
Wusste niemand, dass die "Rasputnizas", die Schlammperioden im Frühjahr und im Herbst jede Bewegung unmöglich machen, und die russischen Winter an Stärke nicht mit den deutschen Klimabedingungen zu vergleichen sind?
Ich hatte ein mulmiges Gefühl und konnte nicht mehr frohgemut in die Zukunft schauen.
Trotzdem ließ man sich in diesem Alter immer wieder verführen. 
In Frage stellen konnte man politische Entscheidungen damals keinesfalls. Das wäre nicht gut für die eigene Gesundheit gewesen. Ob jemand gern oder ungern zur Wehmacht ging das war völlig egal.
Nach der aufgezwungenen Vereidigung hatten wir einen sehr einseitigen Pakt mit dem Teufel geschlossen, aus dem man nicht mehr entkommen konnte.
Wie alle Soldaten musste auch ich, diese Eidesformel schwören:

"Ich schwöre bei Gott diesen heiligen Eid, dass ich dem Führer des Deutschen Reiches und Volkes, Adolf Hitler, dem Oberbefehlshaber der deutschen Wehrmacht, unbedingten Gehorsam leisten und als tapferer Soldat bereit sein will, jederzeit für diesen Eid mein Leben einzusetzen."

Als wir uns somit verpflichtet hatten für den Führer unser Leben zu spenden bekamen wir, gewissermaßen als kleine Aufmerksamkeit von ihm, unsere persönliche Erkennungsmarke.
In meine Marke war die Nummer „-403 – A.Pz.E.A. 5“ eingestanzt, was für Ausbildungsabteilung der Panzerersatzabteilung 5 stand.
Ab sofort musste diese Erkennungsmarke ständig an einer Schnur unter dem Hemd auf der Brust getragen werden. Es ziepte, wenn sich die langsam wachsenden ersten Brusthaare in den ausgestanzten Ritzen verfingen.  
Dieses kleine Blechschildchen bestand aus zwei Hälften, welche die gleiche eingeprägte Beschriftung hatten. In der Mitte perforiert war sie leicht auseinander zu brechen. 
Die Hundemarke, wie sie von den Landsern genannt wurde, hatte den einzigen Zweck unsere Leiche zu identifizieren. Wer einen toten Kameraden fand musste die Marke auseinander brechen. 
Der abgebrochene Teil wurde dem Verwaltungsoffizier mit Angabe des Fundortes der Leiche zur Registrierung übergeben. Die andere Hälfte blieb am Hals des Toten. Mit gerade mal 20 Lebensjahren dachte man ungern über diese Prozedur nach. Sie hatte zu viel Makaberes. Schließlich handelte es sich um den eigenen Tod.
Dass diese Tätigkeit später zur „normalen Soldatenarbeit“ gehörte, ahnten wir jungen Helden damals noch nicht.
Wir überlegten auch nicht, wie nahe der Zeitpunkt unserer Abreise an die Front schon war.
Noch beschäftigten uns die schöneren Gedanken, die alle jungen Männer haben.
Es gab auch schöne Stunden in Neuruppin.
Zum Beispiel wie auf dem Bild unten zu sehen, war Schröder natürlich gern immer mitten drin, wenn Röcke in der Nähe waren. 


Oder bei meiner Lieblingsbeschäftigung, beim Musizieren mit meinen Musikantenkameraden.



Ende August ging unsere Ausbildungszeit in Neuruppin zu Ende. Der Krieg gegen die Sowjetunion dauerte schon über zwei Monate und die ersten Ausfälle an Soldaten mussten ersetzt werden.
Man wartete an der Front auf uns.
Viele meiner Kameraden waren begeistert nun doch noch an diesem Feldzug teilnehmen zu dürfen. Es wäre ein Schock für sie gewesen, wenn eine andere Einheit die deutsche Fahne auf dem Moskauer Kreml gehisst hätte.
Was hatten doch die Nazis für eine gute Propagandaarbeit geleistet!
Wirklich, das war so.
Die meisten jungen Soldaten hatten Angst, sich nicht mit Ruhm bekleckern zu dürfen. Keiner sprach davon, dass durchaus die Möglichkeit bestand, dass sie sich statt mit Ruhm, mit ihrem eigenen Blut bekleckern konnten. Was viele dann auch prompt getan haben.

Wir wurden befördert: Dienstgrad Schütze. Nun waren wir endlich keine Rekruten mehr, keine Frischlinge oder Rotärsche. Wir konnten auf unsere Kampfeinheiten verteilt werden.                                          
Für diese waren wir dann wieder Frischlinge und Rotärsche.       
Nun war mein Dienstgrad Schütze, meine Dienststellung Panzerfahrer, meine Einheit das Panzerregiment 1 in der I. Panzerdivision und mein Heimatstandort Erfurt.                
Wir waren abmarschbereit zur Front.



Wenn man in die Gesichter von uns  Milchreisbubis sieht, muß man zu dem Schluß kommen, daß wir zum Sterben viel zu jung waren. 
Ich stehe ganz rechts mit meiner Gitarre, die mir eigentlich viel wichtiger war als mein Gewehr. Vor allem auch nützlicher!

Von Erfurt, der Hauptstadt des Landes Thüringen, wusste ich bis dahin gar nichts. 
Einige Kameraden und ich bekamen den schriftlichen Marschbefehl, mit der gesamten Ausrüstung per Reichsbahn unverzüglich dort hin zu fahren und uns in der Panzerkaserne am Steigerwald zu melden. Von der Stadt Erfurt habe ich damals während der wenigen Tage in der Panzerkaserne nicht viel gesehen.
Wir empfingen noch ein paar Ausrüstungsgegenstände, unsere Marschverpflegung und den Marschbefehl zu unserem Frontregiment, welches vor Leningrad kämpfte. Dann fuhr man uns zum Erfurter Güterbahnhof.
Auf den dort bereitstehenden Güterzug waren Ersatzteile, Munition und Material als Nachschub für die Front geladen. 
Ein Güterwagen war für uns Soldaten, die als Begleitkommando und Ersatz mitfuhren, als Reiseaufenthalt vorgesehen. 
Die erste Fahrt nach Russland zur Front in Richtung Moskau begann.


Orginalbild von unserem Transportzug, der uns zum ersten Mal in die Sowjetunion brachte.
(Fortsetzung folgt )